Zuerst stellt sich die Frage, warum regelmäßige Zahnbehandlungen und Kontrollen beim Pferd nötig sind- denn früher wurde es ja nur gemacht, wenn das Pferd Probleme zeigte.
Zuerst sollte der Reiter und Züchter wissen, dass wir dem Pferd einen komplett anderen Lebensraum geschaffen haben, als es die Natur vorgesehen hatte. Pferde sind ursprünglich Steppentiere, die gewohnt waren mindestens 16 Stunden am Tag zu fressen, und zwar grob strukturiertes Futter, was zu ausgiebigen langen Kau- und Mahlvorgängen führte.
Wir füttern unseren Pferden weiches Heu oder Silage, Pellets, Hafer und diverse Müslivarianten, bei denen der Kau- und Mahlvorgang um einiges kürzer ist. Zudem garantieren die wenigsten Pferdehalter dem Tier einen 16 stündigen Zugang zum Rauhfutter, üblich sind leider 2 Rauhfuttermahlzeiten vormittags und spät nachmittags, was oftmals bedeutet, dass die Tiere mitunter länger als 12-15 Stunden kein Futter zur Verfügung haben.
Und hier kommt nun die besondere Anatomie des Pferdegebisses ins Spiel.
Der Zahn des Pferdes wird eingeteilt in eine sog. Klinische Krone, die aus dem Zahnfleisch herausragt und der sog Reservekrone, die im Zahnfach, der Alveole, liegt. Innerhalb eines Jahres wird der Zahn um ca 2-4 mm aus der Alveole nach oben in die Maulhöhle des Pferdes geschoben. Der Zahn wird im Laufe des Pferdelebens kontinuierlich kürzer, bis er komplett abgenutzt ist.
Der Schädel des Pferdes weist eine sog. Anisognathie auf. Das bedeutet, dass der Oberkiefer breiter als der Unterkiefer ist. Die Backenzähne stehen in einem bestimmten Winkel zueinander, der den Mahl- und Kauvorgang des Futters erleichtert. Die Asymmetrie der Kiefer zueinander und der Mahlvorgang aber verursachen scharfe Kanten, die z.T messerscharf werden können und so zu Mundschleimhaut- und Zungenverletzungen führen können.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der enorme Kaudruck, der auf den Backenzähnen lastet. Wenn einzelne Zähne höher oder niedriger sind( Wellen, Stufen, Rampen ) entstehen Fehlkontakte und punktuell lastet der Kaudruck nur auf einen einzigem Backenzahn, was zu fatalen Folgen führt, wie z.B. Zahnfrakturen, Verschieben des Zahns aus der Zahnreihe.
Dadurch entstehen vergrößerte Zahnzwischenräume, sog. Diastema, in denen sich Futter ansammelt, was äußerst schmerzhaft ist und zu bakteriellen Entzündungen führen kann (Parodontosen)
Das Ausbalancieren des Gebisses ist daher so wichtig, weil der Kaudruck auf alle Backenzähne gleichmäßig verteilt wird, und so oben genannte Probleme vermieden oder behoben werden können. Zudem wird das Kiefergelenk des Pferdes entlastet und Rittigkeitsprobleme wie Kopfschlagen, im Rücken festhalten, nicht ans Gebiss herantreten können behoben werden.
Durch jährliche Zahnbehandlungen und Kontrollen können Zahnprobleme wie Wickel kauen, Abmagern, Futter beim Fressen verlieren, Koliken, Geruch aus dem Maul, einseitiger Nasenausfluss, Schwellungen im Bereich des Ober- oder Unterkiefers frühzeitig erkannt und behandelt werden bzw. im Vorfeld schon vermieden werden!!!!
Vorsorge ist immer besser als Nachsorge!!!